POETRY SLAM TEXTE UND VIDEOS VON 2013-2014

Frank Klötgen: Die Liebe, liebe Lydia!

Die Liebe, liebe Lydia!

Lass' Dir sagen, liebe Lydia, leider
Sind all meine Lieder der Liebe recht artig -
Ich bin da mehr so der fürs Falsche Entscheider,
In Bilder- wie Wortwahl zu eigen und spartig!

Ich sag's wohl besser gleich zu Dir:
In Sachen Liebe reicht es mir,
Deinen kondensierten Atem
Von der nachtkühl beschlagenen Scheibe zu lecken.
Nicht nötig: Das Training in Zungenschlag-Arten
Und unentwegt Penisse in Dich zu stecken.
Dein hauchzart feuchter Liebesfilm
Genügt doch, um derlei Gelüste zu still'm.
Denn jener Kondens konserviert diese Nacht
Als ein Leck back, an dem ich mich labial labe -
Ist Fossil meiner Sehnsucht, in das ich mal sacht,
Mal ungezwung'n schwungvoll die Zunge vergrabe.
Denn, ach, es bezuckert Dein Atem die Scheiben
Mit Nektar der Erinnerung -
Und in ihm versteckt wird die Nahbarkeit bleiben,
Mit der Du, oh Süße, dann säugst meine Zung'!

Du siehst: Nicht viel
Hab' ich zum Ziel -
Nein, lasse mir nur etwas Atemluft hier!
Mich reizt der Geiz des Ungefähren -
Sollst mir ja kein Kind gebären ...
Nur Luft, liebste Lydia, versprichst Du sie mir?

Doch, weh, Du bleibst still - Dir ist das nicht geheuer!
Du fragst, was ich wirklich will, und ich beteuer':
Deinen Atem, als Nebel auf Glas kondensiert -
Mehr hat mich echt niemals an Dir int'ressiert!
Dies nicht, um durch Aufschub das Wollen zu steigern -
Nein, ich mag mich völlig der Wollust verweigern!
Zwar kann ein Ineinanderdrücken
Zweifelsohne auch beglücken -
Doch um innig Wärme in sich zu besitzen,
Muss man doch nicht zwingend mit Sperma rumspritzen!

Gut, wenn Du so nach weit'rem drillst,
Womit Du mich erheitern willst,
So bitte ich Dich: Geh' noch mal durch den Flur!
Vervollkommne dort Deiner Fußtritte Spur
Im Teppich, der, flach ausgelegt
(vielleicht ein wenig ungepflegt),
Birgt manches früh verlor'ne Haar -
Du läufst darauf so wunderbar!
Oh wahrlich, es würd' eine Freud' mir bereiten,
Gewährtest Du mir noch ein zweites Beschreiten!
Ich würd' alle Fasern des Teppichs bedichten,
Derweil sie vom Nachtritt sich wiederaufrichten,
Gewärmt wie benommen von Deinem Gewicht,
Dies fromm zu beschwärmen - mehr will ich ja nicht!
Mög'n andre sich Vorhof nebst Warzen beschau'n,
Um stur wie ein Säugling an ihnen zu kau'n -
Statt solch Tortur pur
Würde ich gerne nur
Im Velours, dort im Flur, Deine Spuren bewachen,
Bis alle Konturen ganz seicht aus dem schwachen
Zwielicht beginnender Nicht-Existenz
Schließlich negieren, dass Du den Weg kenns'
Durch meinen kleinen Korridor -
Auf dem dort ausgelegten Flor,
Der treulich in textiler Regung
Zeugt von Deiner Fort-Bewegung!

Da, ein huschendes Lächeln lässt mich nun kurz hoffen!

Doch hab' ich wohl nicht so ins Schwarze getroffen:
Worauf ich hier anspiel' und wie ich das meine -
Und ging' es am Ende mir doch nur ums Eine?
Ich solle das, bitte, dann gradewegs sagen
Und aufhör'n, hier so schräge Sachen zu fragen -
Denn das käm' pervers Dir vor, völlig abnorm!

Du wünscht Dir das Aufreißen regelkonform.

Nun, Lydia - wenn ich's recht beseh',
Dann ist Dein Bauch ja auch ... - doch, nee!
Sehr gern käm' ich mehr Deinen Wünschen entgegen -
Doch, Kerl, wie viel wertvoller wär' mir der Segen
Von Atem auf den Fensterscheiben,
Spur'n, die im Velours verbleiben ...

Dein Unverständnis, Lydia -
Es quält mich und ermüdet, ja!
Ich erkenne stumm nickend, die Stimmung geknickt,
Wär' besser, wir hätten ganz einfach ge... ach!
Obschon man gern schick was Exotisches ordert,
Schon wenig Besond'res oft schlicht überfordert.
Du scheinst mir da, wenn man es richtig gewichtet,
Zu standhaft der Standart des Standards verpflichtet.

Lass' Dir sagen, liebe Lydia, leider
Seh' ich durch die Lider der Liebe recht klar -
Und ebenso klar seh' ich mich als Entscheider:
Das wird mit uns nix, Lydia!



- fünfzehntes Gedicht/Video 2013-2014



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