Die
7 Todsünden: Avaritia. Die Habgier
Es müffelt so ... nach Publikum
Und nach verwaistem Intellekt –
Ey, was schnüffelt Ihr hier denn im Sauerstoff rum,
Dass er schon fast basisch und ausgelaugt schmeckt?!
Die Luft hier im Raum ist echt nicht zu beneiden –
Denn was musste sie nicht schon alles erleiden:
Einen rotzfeuchten Roundtrip durch stinkende Zinken
Nebst fleuchsattem Dip übers Schleimhautverlinken,
Dann 'nen gräulichen Abstrich am Feinstaubgekrüme
Im Moloch verwachsener Lungungetüme ...
Na, Gott sei Dank gibt es laut Gastspielvertrag
'nen V.I.P.-Tank, der zu meinem Behag' –
Nachdem ich von fischigem Muff ward befönt –
Mich mit mir vorbehaltener Frischluft verwöhnt!
Ja, da reckt Ihr die Hälse verstohlen vom Stühlchen
–
Ob Ihr von der Luft wohl ein Kostpröbchen kriegt?
Herzchen, nicht ein Molekülchen –
Und sei's drum, dass Ihr mir erstickt!
Ich hab' jeden Luftzug mir redlich verdient –
Da Ihr nur nutzlos fortbetagt,
Gemächlich im Entree rumgrient
Und stur nach Studentenermäßigung fragt.
Nein, kein'n Hauch für Euch, die Ihr gierig und
lüstern
Voreilig einölt die schmierigen Nüstern!
So groß auch mein Reichtum an Luft – nie im Leben
Würd' ich Euch Ruchlosen irgendwas geben!
Und ließ' sich mein Vorrat wohl schwerlich verbrauchen,
Bevor alle Zellen ihr Leben aushauchen –
Man fände wahrlich keine Gründe,
Warum 'ne Spende Euch zustünde!
Das Lohnniveau is' nu' ma' low
Für Stumpfheit, Faulheit, Schlechtigkeit –
Mein Überfluss ist irgendwo
Nur Sinnbild von Gerechtigkeit!
Doch fünf Minuten muss ich jetzt
Mich dem Plebse präsentier'n,
Der mir hier moosig vorgesetzt
Von denen, die mich zu solch Shows engagier'n.
Gut, zwei der Minuten sind bereits überwunden –
Bleiben noch einhundertachtzig Sekunden!
Und wirklich kein Nanomonentchen länger
Bewege ich mich auf der Bühne, Ihr Hänger!
Schwadroneure, Müßiggänger,
Stets auf höh're Steuern Dränger –
Ihr wollt die Luft mir keimig kau'n
Und meine besten Reime klau'n?
Ja, dachtet Ihr hier, ich kredenz'
Euch meine Perl'n der Exzellenz
Und schmisse, was mir wichtig wäre,
Einfach wuchtig in die Leere?
's wär' ein unerhörter Platz
Für jenen hehren Wörterschatz
Aus dem Herz meiner berstenden Reime-Tresore –
Nein, keiner der Reinen verlässt deren Tore!
Kein Kleinod feinster Meisterklasse
Opf're ich der feisten Masse –
Und nicht ein Laut der edlen Lettern
Wird sich je vor Euch entblättern!
Hier entlaus' ich von der Bahre
Ausschließlich nur Ausschussware:
Obsoletes soll genügen –
Herz auf Schmerz darf Euch vergnügen!
Alles, was mich fasziniert,
Bleibt im Köpfchen konfisziert.
Dort schnalzt der Musen Zungenkuss,
Quillt exquisit der wahre Reim
Im Überfluss mit Tortenguss –
Nur bleibt's in meines Hauptes Heim!
Keine Bühne kann mich zwingen,
Herzblutströme abzuzweigen –
Nein, die schönsten Verse singen
Nur in mir! Der Rest ist Schweigen.
Da mahnt mich die alte Zerstörerin Zeit
Zu geben im Leben – denn bald wär's so weit:
Im Affenzahn mein Sein ausläuft
Und was ich raffend angehäuft –
Am End' sei all der Reichtum futsch!
Armer Ebenezer Scrooge ...
Humbug! Denn schon in der nächsten Minute
Zählst Du hier selbst nichts mehr, Zeit, meine Gute!
Magst 'nen Countdown durchkau'n, dass Du mir den Swag abdrehs'
–
Des Knausers tieftraurige Dagobert-DuckTales ...
Ja, das letzte Hemd hat keine Taschen –
Mein Sakko schon, Ihr blöden Flaschen!
Auch sichert verschroben mein Will-immer-mehr-Tick
Mir oben im Himmel ein Zimmer mit Meerblick.
Uns rettet nicht die Ehrlichkeit –
Was zählt, ist Unentbehrlichkeit!
Die besteht im Besitz. Und in zwanzig Sekunden
Hab' ich alle Zeit und auch Euch überwunden!
Das waren Eure fünf Minuten –
Fraglos eher nicht so guten.
Es folgt noch ein Dessertchen fein,
Doch das ess' ich dann ganz allein
Und grüße schön ins tiefe Tal:
Vielleicht läuft's besser – nächstes Mal!
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zwölftes Gedicht/Aufnahme 2013-2014