Späte Einwechslung

Im Grunde begann es genauso wie immer:
Der Wecker pi-pi-te, ich blinzle durchs Zimmer
Traumentrissen und ächzend – im Endspurt zum Nahtod
Doch gewahr, dass der Tag sich in Planbarkeit darbot

Wie'n geöffneter Torso dem Forscherskalpell
Ein Autobahnkorso vorm Morgenappell
Ein von Wissensdurst, Tatendrang strahlender Tag
Als allzeit bereiter Verfügungsbetrag
Treulich schimmernd von solch scheuen Feuchtigkeitsgraden
Mit denen Antilopenvulven
Sinnbetörend-somnambul den
Bock zu forschem Zugriff laden
Ein Gebet, endend mit "... führ uns ruhig in Versuchung!"
Ein "Round the world"-Ticket, just nach seiner Buchung
Der Gardampf vom Starrkrampf, wenn Wundbrände schwären
Der Speckglanz des Muttermunds, kurz vorm Gebähren
Ein unbespielter, frisch gemähter
Endspielrasen, der von Äther
Zart benässt, statt hart besprengt
Frohlocken lässt, so dass man denkt:
So weit, so gut – nun kommt's drauf an
Wo ist der Ball und wer stößt an?

So reckte ich mich fest entschlossen
Und hab zunächst mal nicht geschossen
Sondern erstmal gewissenhaft kapituliert
Quatsch, rekapu... na, halt geplant, was passiert
Wenn alles läuft wie ausgemacht
Erledigt wird, was angedacht
Das Zu-Tuende in 'ner To-Do-List ordnend
Mit TOP 1, TOP 2 (und so weiter) Gewichtung
'nen Schedule erstellt – falls wer nicht dieses Wort kennt:
Das heißt, mein' ich, Plan – nun, zumindest die Richtung
Und wenn du den Plan hast, dann musst du auch ran
Sprich: Du hast den Ball, also stößt du auch an!

Dass ich trotzdem den Ball nicht im Kasten versenkte
Obschon als Chance mir zugeneigt:
Ein Tag, den so schmählich wie jäh ich verschenkte

Ich denke, dass das wieder zeigt:
Meine Stärke liegt mehr im Sich-Später-Entschließen

Drum behalte man sich meine Einwechslung vor
Bis ganz kurz vorm Elfmeterschießen
Dann rausch ich an mit Schuss – und "Tor!"

Doch wichtig bleibt vor solchem Tun
Sich dementsprechend auszuruh'n
Sonst startet es schlecht und endet noch schlimmer:
Der Ball trifft das Tor nicht – im Grunde wie immer

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- neuntes Gedicht/Aufnahme 2011-2012