POETRY SLAM TEXTE UND VIDEOS VON 2011-2012

Frank Klötgen: Die Macher schöner Worte

Die Macher schöner Worte

Obacht, die Macher schöner Worte
Lungern wieder rum vor Orte
Lauern auf die arglos Hör'nden
Hol'n dann aus zum grundverstör'nden
Tunichtguten Wörterschwall
Und: Ja, dies ist ein Überfall!
Wenn's wie aus üblen Kübeln gießt
Vom Überall ins Weltall schießt
Metrumgeballiterationen
Ein tönlicher Anschlag ohn' inneren Halt
Und vollmundig zücken sie ihre Kanonen
Man schwingt dich zum Paarreim metTaphengewalt!
Hörst du, wie die Terrorzell'
Schert sich um dein Trommelfell?
Kein Flimmerhaar bleibt ungeschor'n
Beim Spliss bis über beide Ohr'n
Und gefällig vom Selbst wird mit Versen gegerbt
Bis jeder Pelz sich hautfarb'n färbt
Nur genügt's denen nicht, dich massiv zu rasier'n
Sie woll'n dich mit Worten lasziv penetrier'n!

Du bist, mein Kind, so unverdorb'n
Drum schütze dich und deine Ohr'n!
Und lass dir nicht von ihnen erzähl'n
Nicht lyrisch den Gehörgang pfähl'n!
Denn mit dem Schöne-Worte-Machen
Könn'n die ein'n Furor entfachen
Dass manchem girl le coeur mutiert
Es trugbeschwörend perturbiert
Betört von all dem Unerhörten
Das die Hörrn Poöten röhrten
Der'n ungestimmtes Reden-Lied
Bald klebrig-webig Fäden zieht

Das Netz ist gespannt – und die Spinner, sie warten
Auf die, die da in ihre Fallen geraten
Schon umschwirr'n sie die zierlichsten Cheerleaderchicks
Und bezirzt von der Zierde stilistischer Tricks
Gier'n die Gör'n vorm Geysir wirrer Lautakrobatik
Verirrt, irritiert ob der schieren Ekstatik
So ködern Schöne-Worte-Macher
Da und dort per schnödem Lacher
Um mit Leer'n der vollen Backen
Mädels an die Seel'n zu packen
Die, zunächst vom Klang verzückt
Schwärmerisch der Welt entrückt
Purzeln ohne Gegenwehr
Plumps! in den Poetenteer

Gib dich nie solcher Wollust hin
Denn Unheil ist der Wortlast Sinn!
Lauscht du ihr zu unbekümmert
Wird vom Rausch dein Hirn zertrümmert
Drum halte der Versuchung stand
Und kleid' dich nicht im Wortgewand!

Es sind die Macher solcher Worte
Von der Üblen-Strolche-Sorte
Der'n tiefer Wahn ward schon oft hart bewundert
Als Trip mit Schiefe Bahncard Hundert

Wie gerne würd'n wir diesen Nieten
Kurzerhand den Mund verbieten!
Tand und Schund ist all ihr Tun
Und dass die von sich selbst Berauschten
Mit ihr'm künstlich Aufgebauschten
Schwätzen ohne auszuruh'n
Ist gewisslich wenig sittlich
Scheint's auch manchmal appetitlich

Doch Mädchen, vor die Wahl gestellt
Welches Mahl von dir bestellt
Bestehe auf ein "Ohne Worte"!

Lockt auch mal ein Schundpoem
Feist wie feinste Buttercreme
Dann greif lieber gleich zur Torte!

- siebtes Gedicht/Aufnahme 2011-2012



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