POETRY SLAM TEXTE UND VIDEOS VON 2008-2010

Frank Klötgen: Das Soll der Strolche 1 (Fechtgebiete)


Das Soll der Strolche 1 (Fechtgebiete, 2009er Version)

Im Buche schrieb Charlotte Roche
von Fut-Jemös und Fotteloch
Solch bräsig Sujet-Grütz', den neiden wir nicht, denn
uns ist mehr nach Schwerter- denn Scheidengeschichten
Drum auf, dass zu selbem Erfolge geriete
dies edle Gedicht namens: Fechtgebiete!

Und es klirret und schwirret
und dengelt und drischt
so klingt meine Klinge, eh sie dich erwischt!
Schon oft fuhr sie mit feschem Schlenker
und frechem Schneid aus Messers Scheide
als Henker der Investment-Bänker
in Inside-Business-Eingeweide
Ließ erkleckliche Mengen an Heuschrecken-Zecken
nach kläglicher Deckung im Drecke verrecken
Durchpflügte einen Acker, Mann!
Von dem klebt noch'n Sackhaar dran ...

Die Derbheit des zuletzt Gehörten
sie stützt den Unterhaltungswert
und Recht hab'n die nun still Empörten
dass solch ein Witz den Geist entehrt
Doch beim Verse-Verwerten entbehr nie der Härten!
Vielmehr gilt au contraire eh'r: je greller du bist
desto näh'r der Gewähr, dass die Bestsellerlis-te sich
wenn's nich' gänzlich brenzlig endet
als Mäzen für dich verwendet
Mag uns hierfür die Nachwelt ächten
heut gilt es andres auszufechten!

En Garde, Monsieur Finanzberater
mir gelüstet, diesen Degen heut bei Ihnen anzulegen!
Soll Dow Jones meine Klinge lenken
sie bis zum Schaft im Schuft versenken
Das Soll der Strolche tilgt ein Stich
das will ich mit dem Dolche, sprich:
Den Moloch solcher Molche kerben
und dann Charlotte Roche beerben

"Ach, Bargeldloser, habt Erbarmen!
Renditedruck und Boni-Rahmen
unterjochten all mein Tun
Ich schund mich ohne Auszuruh'n ...
Doch blieb's verdorben – Schicksalshärte!
's kommt halt vor, doch Ihr, Gefährte
grämt Euch, nur verhärmet nich':
Erlasst mir den Erspartenstich!
Nehmt zum Zeichen, dass mich Eure Gottheit erwählte
zum Empfänger erlösender Rettungspakete
und schultert Ihr für mich die Last
so können wir dem Sumpf entflieh'n!
Und später dann aus dem Morast
Ertragenes ans Land uns zieh'n!

Und mild umstreift mich, ungewohnt
nicht fragend, ob der Gnade lohnt:

Ein Grübeln durchgräbt meine trägen Glieder
und müde fällt der Degen nieder ...
Den greift der Bänker voller Hast:
"Nun komm'n'wa ins Geschäft, du Spast!
Ja, meint unser Dichter, sein Soll sei beglichen?
Hab' ich dir nicht vorher den Dispo gestrichen?
Na, hör nur auf zu grinsen, du
dann steh'n mir da noch Zinsen zu!
Und für jeden Cent schreibst du 'nen Zentner Zeilen
und füllst mir ein Buch für die ratgebergeilen
gläubigen Raffer und räudigen Gaffer
die gierigen schmierigen Vorteilsbeschaffer
die Zinseszins-Prinzen und Bargeld-Barone
die "Ach, dat kost' extra? – Dann machen'Se ohne!"
Schon der Titel des Buches wird all diese begeistern:
Jetzt mit Gewinn die Krise meistern!

So fad und so huldlos
ward ich meine Schuld los
wurd' flach vom Fach und schnell durchschauter
früh ergrauter Sachbuchautor

Ja, wen denn jetzt ein Mitleid rührt
– was ja meist zu gar nix führt –
so wisset, dass später bei der Nacht
den Bänker ich noch kaltgemacht!
Nur das Buch – tja, das hab' ich trotzdem geschrieben
's wird äußerst erfolgreich im Handel vertrieben
So'n Ratgeber ist doch die schnellere Kiste
für den rasenden Run auf die Bestsellerliste
und der Tipp, den mir der Mann gegeben
der roch schon nach Charlotterleben

Der Finanzsumpf ist ein Feuchtgebiet
da singt der Hardchor euch ein Lied:

Zahle, zahle, manche Zeche
dass zur Quelle Reibach fließe
und mit reichem vollen Schwalle
zu 'nem Geldstrom sich ergieße

Den zu lenken, bedarf es auch manchmal der Dichtung
die ja sonst für das Leben von niedrer Gewichtung
Und die Moral von der Geschicht'
gibt's wie im wahren Leben ...

Eben.


- siebtes Gedicht/Video 2008-2010



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