POETRY SLAM TEXTE UND VIDEOS VON 2008-2010Frank Klötgen: Der TäucherDer Täucher Und es wallet und siedet und brauset und zischtals täuchster der Täucher verließ ich die Gischt Trieb auf von des Meeres tiefunterstem Grund aus dem sprudelnden, strudelnden Höllenschlund War eingetäucht in Nacht und Grau’n begehr' dies nie mehr anzuschau’n Ein Täucher bin ich – nur scheint’s besser ich bin’s fortan im Binn’ngewässer In brackigbrauner Teiche Tiefen aus denen Fisch und Fäulnis miefen wo Wasserpest und Seeros’ seuchen pfleg’ ich nun ein- und aufzutäuchen In meinem güld’nen Neopren bin ich für jeden gut zu seh’n bin spinnefreund dem Grätentier doch gönn’ ich die Harpune mir falls Ex-Laich mir mit Leich-Nahm droht Denn dann wähl’ ich für ihn den Tod Nun meldet mir des Königs Bote dass zwar nicht ich sei der Bedrohte doch eine gänzlich undevote Bestie sorgt im Teich für Tote: "Im Weiher weilt ein Terrorist der unsrer Wauwaus Welpen frisst und mehr als zwanzig Ellen misst Ich schwör' bei Gott, dass das hier ist der größte Wels, die Welt je sah Von daher droht von dort Gefahr – denn die Wehwehs der Welpen gelten nicht viel in fieser Welse Welten!" Ein Rudel Pudel nahm der Strudel ein Baby vom Yorkshire? – empfiehlt man sich: Borg’s dir vom Wels, denn der hat noch ein Dutzend im Magen! Seit Tagen jaulen und faulen dort gleichsam mit drin: der Spaniel der Spanierin, die Collies aus Kolumbien die Pitbulls weiser Bud-Pilstrinker manch rasseloser Mischlingsstinker der Golden Retriever der silbernen Diva (die vor dem Ergrau’n auch nicht immer 'ne "sie" war) Selbst des Königreichs staatlichste Nachfolgerdogge vermochte der Wels übers Ufer zu logge Der König ward ganz zürn vor Zorn und zepterte hochwohlgebor’n: "Das Herz des Wallers, bringt es Ihm!" Doch wer stellt sich dem Unjetiem? "Der Knappen sind nicht viele mehr und deshalb komm’ ich auch hier her: Ihr müsst den Tod der Welpen rächen den Wels mit die Parpune stechen dann lohnt – und das ist sein Versprecher – der König’s Euch mit einem Becher! So einem, wie Ihr ihn schon kennt – bei Schiller ohne Happy End – doch diesmal ist für Euch was drin! Am Ende gar 'ne Täucherin ...?" "Wenn denn der, der die Beller statt Libellen frisst nicht anders stillzustellen ist und Ihr seid Euch auch ganz gewiss dass hier ein Notschlag tötig is' – wohlan, so sei der Pakt geschlossen: Der Wels bekommt was auf die Flossen! Ruft mir den Zeugwart Michael – vier Dinge nehm’ ich mit und wähl’: Den Neopren, den Messerblock den Medizinball und ein Trockentuch falls mich der Milchner einschleimt dass seiner Same nicht an mir keimt und fruchtlos dieser Welt entfleuche Dies ist das Ziel, so wahr ich täuche!“ In meinem güld’nen Neopren bin ich am Weiher nun zu seh’n Und kaum kam ich, umringt mich die jubelnde Schar der nachlässlich haltlosen Hundehalter(rrr) Der König spricht vom Mobile Thron "Mein Volk verlor manch Hundesohn! Wagt Ihr’s zum Wels hinabzusteigen nennt diesen Becher Euer Eigen!" Das Blattgold glüht im Sonnenlicht des Schein am Rand des Bechers bricht da prallt ein gleißend Strahl sich ab ins teichgeword’ne Welpengrab Schon schwillt das Wasser, wogt das Schilf da grollt’s von drunten – Herrgott hilf! Was drängt da bloß vom Grund empor? Welch Grauen rief das Gold hervor aus dem Schatten der Wasser zur tieferen Schwärze dass jedem am Ufer hier stockt es im Herze? Mein Gott, der Wels ist aufgewacht! Und zielt nun aus dem Reich der Nacht klar Richtung Land und Königs Pracht – schießt pfeilschnell durch die Weiherpfütze vom Flossenschwert stiebt Entengrütze ... Das wird der Wels doch nicht vollbringen per Flossenschlag wie Flügelschwingen vier Meter über Land zu springen dem König ’s Leben auszuwringen? Der Souverän aufs Wasser stiert sein blaues Blut im Leib gefriert weil Panik ihm ein Kind gebiert Da kommt der Wels emporgesprungen! Am Bartel häng’n noch Hundejungen Ein Unjetüm, wie mir erzählt jedoch von welscher Qualität: Der aller Welse Majestät ... vorm König plump zu Boden geht So seinem Element entrissen hat er vorm Pöbel ausgeschissen Der rückt nun an mit Kampfgerät ruft "Einhalt, Irrsinn!" – ihr ruft zu spät Bis auf des Wallers letzte Gräten wird’s Fleisch aus ihm herausgeträhten und so zerstäubt der greise Fisch in Häppchen für den Speisetisch Ein Ende, hund- und mundgerecht – nur ich wälz’ mich im Schlaf, weil echt mich dauert, dass der Wels-Gigant ein so profanes Ende fand Ein Täucher warst du – so wie ich! Doch kümmert’s ein’n dort drunten nicht auf welchem Königs Pakt man einschlägt mit welchem Pack man dann Kontakt pflegt weil man unlängst in Sphären schwimmt wo Tageslicht ins Nichts verdimmt Und doch fiel’n auf des Goldes Schein wir gleichermaßen beide rein Da greift die Einsicht – wiewohl späte dass ich die Spur zum Golde säte weil ich zwischen den Welten treibe statt dass ich, wo’s mich hintreibt, bleibe Und so setzt sich der oftmals verpennte Entschluss dass jetzt mein Pendeln enden muss In meinem güld’nen Neopren will ich bei Dämm’rung untergeh’n auf dass ich grundlos Ruhe find’ dort unten, wo die Täucher sind Wortmeldung: "Das war 'ne schöne Tauchgeschichte nett eingerahmt von 'nem Gedichte ... Doch wurd’ ja irgendwie nicht klar wofür der Medizinball war?“ "Nun, seht den Ball als Bild der Erde – sprecht: Was nicht ist, das werde, werde! Gleicht dann nicht so ein Medizinball uns Muttern Erde? Wir: das Weltall!" "Hm, ja, das ... schnall' ich trotzdem nich'?!" "Bist auch kein Täucher – so wie ich!" - sechstes Gedicht/Video 2008-2010 |