POETRY SLAM TEXTE UND VIDEOS VON 2008-2010

Frank Klötgen: Kottbusser Tor

Kottbusser Tor (gekürzte Slamversion)

O schaurig ist's durchs Tor zu gehn,
Zu tauchen hinab in des Kottis Schlund.
Doch das Date mit Madeleine
es drängt mich in den Untergrund
Für 'n anderen Ritt, Mann, würd's zu knapp,
Und ins Unter aller Tage
rollt die Treppe mich hinab
Denn Anschluss oder Anschiss; das ist hier die Frage:

In diesem üblen Grunde
Da dreht das U-Bahnrad,
Es bleibt im Siff verschwunden,
Der sich gewohnt dran hat.
Vollwertdönerfettspur-Studis,
Töchter aus Asylium,
Tölen und Kulturschock-Touris,
Lümmeln sich am Kotti rum.
Mein Girl, das wartet anderswo
Und noch zwanzig Minuten bis Bahnhof Zoo. –

kottis kotz ätzt
oh, trotze kottis motz-verkäufern
horch hops'nden rotz im kropf von säufern
Und die Alkis komm'n meistens aus Kreuzberg die trinken hier abends
die trinken hier mittags und morgens die trinken hier nachts
und die trinken und trinken
Die hab'n kein Zuhause, einer blau wie für vier
Hatten niemals 'ne bessere Note.
Nun tanzen die Ratten mit Geklirr.
Und brechen vor die U-Bahntür . . . . .
Auch Weihnachten gab's wieder Tote.

Und auch den Muff, ich hätt' ihn längst vergessen
Wenn nicht die Wolke da gewesen wär
Die weiß ich noch und werd ich immer wissen
weil hier immer die Punks hin pissen
im Strullduett mit Junkie-Spalten
Was sollte man auch an sich halten
so lang die Blase nicht ganz leer
Zur Eile drängt's uns sowieso
Und noch zwanzig Minuten bis Bahnhof Zoo. – –

Voran, voran! Nur immer im Lauf,
heut hält mich auch kein Schnorrer auf!
"Haste'n Euro?" – "Ich haste zur Maid
Kerlchen, wenn du nur Geld willst, was stiehlst du mir Zeit?
Bin immerzu eilig statt
Immer zu!
Das Girl ist mir heilig
Ohne Rast und Ruh!
Drum:
Ruhe sanft,
kleiner Rasta!"
Ik hab' gihort dat die Zeggen
mit gehortetem Zaster in Tegel einchecken!
Der blickt mich grimmig an und speit
aus Seiberlippen-Zwillen
Wißt ihr,
weshalb?
Der Geschei-
terte
tats um des Schleimes willen.

Denkst du am Kotti in der Nacht,
Bist du stets videoüberwacht? Nee.
Die Kamera ist vom Vorübergehn der Irren
so müd geworden, dass sie die Aufzeichnung stoppt.
Ihr ist, als würd'n die immergleichen bleichen Leichen langsam reichen
Scheißegal, wer wen verkloppt
Die Bahn ist da, die Minderjähr'gen hupfen
An Bord, um dicken Damen auf den Pelz zu rücken.
"Hey Meister, suchste wat zu schnupfen?
Weiße Bahnen, wat zu drücken?"
Es ist Haarlack
sagt der rasierte Schädel
Es ist Trockenmilch
sagt die stillende Brust
Es kickt wenn es kickt
sagt die Liebe

Die Liebste belieb' ich auf andrem Niveau
da erreicht mich ein Anruf und ich sag': "Hallo?
Madeleine, du bist's!
Dich hab' ich vernommen.
Steig' grad in die Bahn ein und würd' dann jetzt kommen
Wie: Wieder raus? Ja, wie komm' ich dazu?!
Wie: Kutteldimuddeldidaddeldidu?
red keine oden, frau, lies die fahrpläne!"
Da erklärt mir Madeleine
das am Zoo just Gesejh'ne:
"Da war ein Vater mit seinem Kind ..."
"Ach, die, die sonst am Kotti sind ..."
Die sah'n mein Mädel und dann rief wer: "Lütt Dirn,
Wir verkoofen dir jern unsre Reste vom Hirn."
Dort hätte sie nicht wagen wollen
zu warten, wie sie hätte sollen
Sie sei schon in der richt'gen Bahn
und würd' mir jetzt entgegenfahr'n
Ich sollt' mir halt die Zeit vertreiben
und einfach dort am Kotti bleiben

"Herzeliebez frouwelîn,
mitunter gibt es Heldentaten
die kannst nicht einmal du erwarten
Für manche Tat, da fehlt mir einfach der Mut.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.
Mich schreckte kein Fefefefefischgerippe
Ich scheute wedeKind noch Storm
Wär' wissenslos, doch stets inform
und setzte mich pfeifend dem Tod auf die Schippe
Dort harrte ich deiner – Dekaden, du Gute
Nur am Kottbusser Tor wart' ich keene
... nee, echt nicht!"

Hier wird trotz fehlndem happy end
Det Poem einfach abjeblendt.
Der Silbensack, er schnürt sich zu

Und lasst die Dichter mir in Ruh!

- fünftes Gedicht/Video 2008-2010



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