POETRY SLAM TEXTE UND VIDEOS VON 2008-2010Frank Klötgen: Das verschissene Grün dieser WieseDas
verschissene Grün dieser Wiese, Luise - oder: Die Niederkunft
der Mücken die Sonne verharrt wie gelähmt im Zenit Alle Haut schreit nach Schatten selbst Bäume ermatten und du seufzt: Nu' werd' ma' nich' paranoid! Doch die Niederkunft der Mücken naht auch wenn uns die Sonne ihr Ewig verspricht erbarmungslos heiter denn die Zeit geht ja weiter man weiß das, man ahnt das, man spürt es nur nicht Wie der Tag sich auch spreizt im zähen Sterben gewährt er dem schönsten Moment nur 'ne Frist Dahinter glimmt bereits Verderben drum erzähl doch nicht dauernd: "Wie schön es hier ist!" Das verschissene Grün dieser Wiese, Luise ich sag dir, das macht's nicht mehr gut Nichts währt hier ewig und unser Glück eh nich' Vergiss es, Louise, sonst bin ich es, der's tut! Lass uns Glasscherben fressen, so lang es noch geht wenn das Flussbett sie stumpf wetzt, ist's dafür zu spät Lass uns Luftröhren-röchelnd im Röhricht verbluten Ab heute gewinnen hier nicht mehr die Guten Von des höchsten Glücks Gipfel kann es nur noch bergab geh'n von dem Wipfel der Welt lässt sich nur das Hinab seh'n Und das verschissen-verbliebene Grün dieser Wiese, Luise, ist bald schon vergessen Vertraulich beschauliche Horizontsülze ... Vergiss es, Louise, lass uns Glasscherben fressen! Und Glas und Glück und Glück und Glas... Nee, spuck's wieder aus, hey, das war doch nur Spaß! Lehn dich zurück in den Schoss jener Böschung wo der Fluss ja noch immer die Kühle der Nacht hält wo in unmerklich drängenden, zaghaften Strudeln die wattigen Samen der Pappelbrut trudeln Uns wird schwindlig und ich bin's, auf den der Verdacht fällt Ja, du hast Recht, lass uns jetzt nicht mehr zanken das einzig Verlässliche soll heut nicht wanken Wir haben zu hoch angesetzt uns darin wie auch sonst verschätzt nun schockiert von der Fallhöhe solcher Gedanken Und der Mückenschlupf krampft sich durch stille Gewässer Du fragst, wie's mir geht, und ich lüg' und sag': "Besser." Ich sprech' dir schnell nach: "Ja, noch ist nichts gescheh'n." Und im Wasser werd'n wir unser Spiegelbild seh'n Frier es ein, Luise, bewahr den Moment! Ganz egal auch, wie stechend die Sonne heut brennt Denn Eis und Feuer und Feuer und Eis ... Ach, vergiss es, mein Herz, Mann, ich red' heut nur Scheiß! Der Grund, dass ich letztlich so flüchtend verreiste war das Grün dieser Wiese, Luise, weißte Stimmt's dich heut noch verdrießlich? Ich weiß, ich verließ dich zu voreilig weil ich das Sterben mehr fürchtete als jeden Tod Und vielleicht hast du Recht, noch bestand keine Not Doch all diese Stiche! Und wer sagt, dass die weggeh'n? Wie sollt' ich das Grün, nicht darunter den Dreck seh'n? Sag nicht, ich hätt's mir leicht gemacht Es fiel viel schwerer als gedacht Bevor's losging, hab' ich schon vor Heimweh geschrien dann mir selbst auch im Namen der Restwelt verzieh'n Nun kannst du mit den in mir befindlichen Scherben mit etwas Geschick noch das Flaschenpfand erben Und verkäst entbläst sich Zahnsteinmuff aus abgeschminkten Lippen Die schmier'n mir da Autan-Brei druff und auch den Gilb der Kippen die wir damals rauchten obwohl wir's nicht brauchten in unseren Zeiten, den hippen ... Doch der Welpenschutz war aufgebraucht die Haut vom Tabak gelbgeschmaucht Und Rauch und Schall und Schall und Rauch... ließ ich all dies zurück, ja, und dich eben auch Und nun, nach der Stille, vernimmst du ein Sirren erkennst, sonnendurchflutet, der Luftschwaden Flirren Mag der Fluss auch inzwischen hier kanalisiert sein am Ufer, an sonnigen Tagen, da wird ein Spiegelbild erkennbar bleiben wo wattig Pappelsamen treiben dass unser Idyll kein Vergessen gefährde wenn auch alles verrottet in flüchtiger Erde Und du siehst ringsum: das Grün spürst die Mücke, den Stich Es ist fast so wie früher Doch was zählt's noch für dich? Du sagst: "Fleiß und Preis" und "Preis und Fleiß" und "Ich vermiss' dich, du Arschloch!" bis das Gras raunt: Ich weiß - viertes Gedicht/Video 2008-2010 |