(Üblich nach den Unterschriften: Üble Schriften) Übers Stiften

Das Stiftkind tritt vor seinem Stifter
in neu erstand'ner, schon versiffter
Standardabendgarderobe
wie ein Gentleman auf Probe
"Ja, und zwar auf meine Kosten!"
brummt der Alte plötzlich los, denn
es stecken erkleckliche Schecks und Beträge
im bekleckerten Speckwanst der Nervensäge
Und betreten seufzt der Meister:
Wahrlich meine Not ist groß!
Den ich rief (mein Gott, wie heißt er?) –
wie werd' ich den wieder los?

Sagt das Stiefkind: "Primitiv find'
ich, wie du dich hier gerierst
und dich nicht einmal genierst
jedem Schein ein Sein zu geben
so als gält' Geld was im Leben!
Nur der Schönheit süßer Schauer
zählt als Zinsertrag auf Dauer
Kröten, Piepen, Mäuse, Moos
sind in der Bilanz doch bloß
kreuchendes Gefleuch im Humus
wahrem Leuchten kleinster Zufluss
in das Delta der Erkenntnis
wo dein Geld, Narr, letzten End' is'
willkommen
aber nicht zuhaus'
Ich geb' nichts drauf – ich geb' es aus!

Und käm' das Ende deiner Spenden
müsst mein Handy ich verpfänden
dürft' nicht einen Cent verschwenden
für das Kitzeln in den Lenden
Widerständ' ich Taxifahrten
ausgebremst vom Abgesparten
müsst' am Trinkgeld ich verdursten
jeden Käse noch verwursten
sollt' gar Werbetexter werden
Ausbund derbstem Drecks auf Erden
So stünde doch auf jeder Faser des Körpers:
Dem Wahren, Schönen, Guten – 's gehört das
Herzblut des zur Inbrunst sich Bekenn'nden
dem einmal erwacht, hernach nie wieder enden-
dendendenden Drang

Sorry, 's war 'ne Spur zu lang ...
Bin wohl etwas abgedriftet –
ward' ja dazu angestiftet!
Ach ja, Stiften – apropos:
Nun genug Warum?, Wieso?
reden wir mal vom Wie viel!
Denn im Großmut zeigt sich Stil – und
großzügig mir der nur frommt
bei dem was Großes zügig kommt!"

Dem Alten fällt nun nichts mehr ein
er gibt dem Stiefkind einen Schein
als plötzlich seine Hand erstrahlt
wie von 'nem Leuchtstift angemalt
Ein Gleißen fällt auf ihn zurück:
Der Stifter in des Stiftkinds Glück
des Schein gegen Schein-Tauschs labend Schimmer
(die Höhe des Betrags als Dimmer) –
so ward's dem Stifter heimgezahlt!

Mögt ihr solch Strahlen auch erleben?
Nun, ich nehm's an – ihr müsst nur geben!

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- zwanzigstes Gedicht/Aufnahme 2008-2010