POETRY SLAM TEXTE UND VIDEOS VON 2008-2010Frank Klötgen: Die Stadt liebt dichDie Stadt liebt dich Auf den Trottoirs und BürgersteigenIn deren Geflecht sich Verzweigungen zeigen Das organisch geordnet und organisiert Die Eingeweide der Stadt impulsiert In Kabeltunnel abgetauchtes Kontaktstellennahes Elektrogesurr Durch Lüftungsschächte hinaufgefauchtes Tönen als Stöhnen der Infrastruktur Ach, all dies sehnt sich so nach dir In muskelfaserig dehnender Gier Diese Stadt, sie liebt dich Umgarnt unermüdlich Die Fäden um jedweden Weg, den du gehst Zieht schnurlos umwunden Die Spur deiner Runden Die du aus Gewohnheit und Wohnnähe drehst Will sich ins weiche Fleisch deiner Kniekehlen schmiegen Und sich fügsam im Takt deiner Schrittfolgen wiegen Im Tapptapptapp ... der Absatz-Crescendokaskaden Deren plätschernder Guss strömt als Kuss deiner Waden Im Ballendruckrausch Der auch mir suggeriert Mein Platz sei all hier – unter dir asphaltiert In der Stadt, die oft schon schien der Welt Frivolstes Minneminenfeld Wo Fahrtwindsogströme verweh'n zu Gesängen Und summen uns zu von Zusammenhängen Die einem seichten Geist entgeh'n Doch gleichsam deutlich fortbesteh'n Und wenn du dich nächtens vorm Laptop verneigst In die Geist-Abstellkammern des Internets steigst Schwärm' ich nahtlos wie drahtlos aus und besetze Dein Dropdown-Menü der verfügbaren Netze Solch flüchtig' Begegnung würde mir wohl genügen Als keuchende Keuschheit und Liebesvergnügen Neben dem, was die Stadt einem Liebenden gibt Sofern er wie ich dich und grenzenlos liebt Lässt sie ihn in den Pools ihrer Database baden Und angezapfte Quellen wallen Am Wartable der Überwachungsnomaden Wer von hier durch die Stadt streift, weiß alles von allen Lauscht Gesprächen, die darob auch ihm was erzählen Aus von Wanzen gespeisten Kanälen zu wählen Umkost Körperkonturen als Ziel des Radars Im Fokus der Infrarotwachkameras Und plötzlich bist du mir ganz nah So anvertraut und auswertbar Analytisch durchdring' ich den Tanz deiner Fährten Erschließ' mir dein ewiges Routenprofil Gefüttert vom Observationen-Genährten Es kennt deine Wege, weiß Uhrzeit und Ziel ... Und so pass' ich dich ab, dass wir uns fast berühren! Und in solchen Momenten, da musst du was spüren? Zwar wahr' ich den Abstand und scheue das Licht Trotzdem frag' ich dich jetzt: Sag, erkennst du mich nicht? Mal hockt' ich gebückt unter Brückenbögen Mal stand ich am Flughafen rum wie verirrt Und auf ewig wird mich wohl entzücken mögen Die Zugfahrt, da ich ungeniert Dich fast drei Stunden angestiert Dir mit handwarmen Blicken den Nacken massiert Und wenn dir nun schwant: "Das erinn're ich noch! Da war was im Zug ..." Und: "Dann kenn' ich den doch!?" So schweig – belassen wir es so! Ich seh' dich noch später. Und weiß auch schon, wo ... Auf den Trottoirs und Bürgersteigen In deren Geflecht sich Verzweigungen zeigen Wo wir stalken'n'walken Und walken'n'stalken Ja, all dies sehnt sich so nach dir in muskelfaserig dehnender Gier Diese Stadt, diese Stadt - fünfzehntes Gedicht/Aufnahme 2008-2010 |