POETRY SLAM TEXTE UND VIDEOS VON 2008-2010

Frank Klötgen: Rechne mit Wolkenbrüchen

Rechne mit Wolkenbrüchen

Wenn Wolkenbrüche Worte brechen
Vorhergesagter Scheinversprechen
So will ich dir ein Schirmherr sein
Dass Niemands Platsch dich pläddernd plättet
Kein Tropf dich trifft uneingefettet
Und saugt und saut sich in dich ein
Behüte ich zum Schutz und Trutze
Dich mit geweihter Hautkapuze

Den Nasenflügel weite ich
Zur vollen Breite nur für dich
Und stülp' ihn wölbig auf dein Haupt
Sofern dies mir von dir erlaubt
Gebette dich in Nasenpelz
Und hoff' inständig, dir gefällt's
Erwachst du dann, ist wieder Tag
Nur eben ohne Niederschlag

Und du – du find'st das widerlich
Da habe ich wohl wieder nich'
Den rechten Ton getroffen
Zuletzt zu oft besoffen, ey
Das lässt zumindest hoffen, hey
Dass ich beizeiten bin soweit, dass ich im Ton die Tönung treff'
Es wär' ja allzu schön, drum kräf-
tig weiterüben im Betönen
Und näher komm'n dem echten, schönen
Rechten Ton zur Distinktion
Von früheren Versuchen
Die ungehört wie unerhört
Wir unter Spreu verbuchen

Der Blick auf diesen Kontostand
Ist keines Glückes Unterpfand
Doch in deines Glucksens Unterton
Ja, Baby, ich bemerk' den schon!
Klingt lautlos lau – fast unerwähnt
Dass ich nicht gänzlich abgelehnt
Allein die Nase passt dir nich'
Zu nah, zu Haar, zu nasty – sprich:
Das war's in Sachen Nas' für dich

Der Nässe wegen aber nutz
Mich anderwärts als Regenschutz:
Ich zieh' und zerr' aus meinem Ohr
Für dich ein Längenmaß hervor
Das niemand je zu Ohren kam
Darunter ist es trocken, warm
Wenn ich der Lauscher Muschel knick'
Wird's lauschig dir und kuschelig
Im Ohrenmuschel-Unterstand
Nimmt Pfötchenhalten überhand
Man knutscht sich sanft die Ohrtrompete
Sagt: Sorry, dass ich mich verspäte-
te – das kommt auch nicht mehr vor
Ab heute bin ich dir ganz Ohr

Du sagst, das sei ein wenig viel
Entspräch' nicht deinen Ton und Stil?
Doch Muscheln – war's nicht letztes Jahr?
Im Sommer, immer strandlängs, klar
Ich hab' dich Muscheln sammeln seh'n
Gebückt, entzückt vor "Guck' mal, schön!":
Lausch! Rauscht nicht Ozeaniens Brausklang
Vom Muschelhaus hinaus zum Ausgang?
Und mit diesem Ton kündet die Muschel im Sand
Lohn dem, der sie findet, von Tiefe und Strand!"

Das Viech da drin ist aber hin!
'n schlechter Tausch für'n Mehr an Rausch
Und, bitte sehr, was willst du Meer
Wenn ich dir ständig Boden bin
Um Niederschläge abzuwehr'n?
Ich will's jetzt nicht noch mal erklär'n ...
Ein Wort von dir und – bitte, gern!

Auf ganz passablen Halbtonschritten
Komm' ich auf Versen dann geritten
Die bislang nur mit "F" geschrieben
Und um ein "h" Verseh'n geblieben
Gleich uns einander hingezogen ...
Von Rausch zu sprechen – wär' gelogen

Doch wenn Wolkenbrüche Worte brechen
Vorhergesagter Scheinversprechen
So werd' ich dir ein Schirmherr sein
Stimmst du auch widerwillig ein
's klingt fast wie wieder willig sein

- elftes Gedicht/Aufnahme 2008-2010



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