Pustekuchen
Wenn ich dem Atem alter Männer nachstelle, so ist dies nicht ohne eigene Not. Das Alter! Es kommt ja nunmehr nicht nur immer näher, es wartet bereits jeden Morgen vor meiner Haustüre, flötet mir ein „Magst Du mal mitkommen, hm?“ über die Schwelle entgegen, auch wenn bei all der netten Nuttigkeit doch klar bleibt: Hier geht es um Ehe.
Doch wagt man das? Wie der, die seit Alters her an greisenweisen Lippen nippt, die seinen in angemessener Weise reichen? Wie vermeiden allzu kadettenhaft den Erstkontakt zu vermasseln? Da muss doch Stimmigkeit rein! Da muss doch stimmig sein und vom ersten Atemzuge klar, dass hier jemand das Alter küsst, der gleiche Wellenlänge misst!
Da schwappt nichts über. Da verrenkt sich keine Zunge im teenagendem Zungenschlaggezappel, da streicht der Leck wohlig wälzend im Gaumen des Gegenüber, oftgelobt und jahrerprobt, da ist das im Geknutsche perturbierende Gemisch aus Speichel, Hauch und Rest-O2 die Mischung für den Jahrgangssekt, der auch nach seinem Jahrgang schmeckt, dessen Blume sich in Falten entfaltet, so dass schon der erste Hauch dem Alter flüstert, welch gereifter Tropfen ihm da eingeschenkt wird.
Bloß haucht es sich nicht so, wie es sollte, ist mein Hauch grad ein Hauch seiner selbst, dass einem ganz schwindlig wird vor lauter Selbstreferentialität.
Da duft nicht, riecht nicht, stinkt nicht! Püstelt’s sich gehaltsarm aus mir hervor, ohne Odeur, zu wenig Konsistenz, kein Mark! Wie sollte sich mein mit mauen Duftmarken unterfrankierter Atem am stolzen Muff der Alten messen? Dem gehauchten Fäulnisschiss, der hervormieft wie aus nächtens in modrigen Kellern eingelagerten Innereien, der die Rauchmelder in Flugzeugbordtoiletten anzuwerfen vermag und plebiszitsentwöhnte Passagiere zusammenschweißt zum gemeinsamen Antrag gen Chefstewardess „den wollen Sie jetzt aber nicht wieder hierhin zurücklassen, oder?“.
Das ist Pustekuchen! Und ich krümele nur hier rum. Mit verschlafenem Zahnsteinmuff und schwachdünstendem Zungenpelz, behelfsmäßig aufgepeppt durch letztkonsumierte Fastfood-Unarten, die zwar als „einmal mit alles!“ serviert, uns so wenig geben. Nur Bruchstücke von dem, was uns in Brechtstücken vom Ringelreih’n der hinteren Rangreih’n aus Oberstufenräterachen hinterrücks entgegenströmt, die Luft befäult, als sei Sauer Stoff mitunter von einem stinkbeuteligen Ausfluss durchfurzt, aus dessen bekäster Pisslache uns der Stunk durch die Nasenknorpel rumpelt. Ein Atem, der keinen zweiten neben sich duldet, der als Ausgeatmeter dem Einatmenden Einhalt gebietet und grölt: Ich! Every breath you take ein “Treffer, versenkt”. So flötet man das Alter und Chefstewardessen zu Kaffeekranz und Engtanz. DAS ist Pustekuchen!
Und ich krieg’ das nicht gebacken?! Gurre atemlos den Easy Jet-Dumpfbacken hinterher, „Getränke extra“, im Oberstufenrätenebel meines Nebenmanns, der ignorant in meine knappe Beinfreiheit grätscht mit dem Gewinnerlächeln eines im Leben immer alles Riechtig-Gemachthabens?! Aber meine Zeit der Rache ist deine Pinkelpause und mein Triumph das alles versprechende Lächeln der orange geplusterten Daunenküken am Tax Free-Wagen, die um meine „Aufmerksamkeit für eine kurze Demonstration der Sicherheitsvorkehrungen an Bord“ bitten – Angebote, auf die ich einzugehen wage, Alter, auch wenn ich mich hüten werde, die im „unwahrscheinlichen Fall eines Druckabfalls an Bord“ dargebotenen Sauerstoffmasken anzulegen. Denn ihr ahnt ja nicht, was ihr da einatmen sollt. Ich aber habe sie gesehen, die mit Altherren-Smog aufgeblähten Tanks im Flugzeugbauch. Ja, meint ihr denn, die Billigflug-Airlines würden todgeweihte Passagiere mit Qualitätssauerstoff versorgen?
Pustekuchen!
Und für das Sturzflug/Aufprall-Intervall reicht mein B-Klasse Economy-Atem allemal. Für mich dann keine Maske, bitte, Danke für das Angebot!